Musikcritik von Daniel Wagner

Aus dem Vollen

Ein Abend voller Leben: Bereits auf dem Papier versprach das bayerische Gastspiel im Goldenen Musikvereinssaal Energie pur. Immerhin handelt es sich bei Jean Sibelius‘ Zweiter Symphonie, Manuel de Fallas Ballett vom “Dreispitz” und Sergej Prokofjews Drittem Klavierkonzert um Kraftstücke des frühen 20. Jahrhunderts. Und wenn die von den Münchner Philharmonikern derart energisch exekutiert werden, lässt es kein Auge trocken.

De Fallas Suite bot mehr als folkloristisches Kolorit: Eine neckische, wilde Geschichte rund um Liebe, Eifersucht und Witz teilte sich dem begeisterten Publikum mit. Und dann? Dann ging sie zart auf, die russische Weite, die Prokofjews Drittes Klavierkonzert in den ersten zurückhaltenden Takten suggeriert. Es folgte das herrliche Potpourri aus nach wie vor verwirrenden, weil so vielschichtig gestalteten Klassizismen. War es der Impressionismus eines Ravel, die Quasi-Romantik eines Rachmaninow oder der persiflierte barocke Schreittanz, der hier bewegte? Wahrscheinlich war es auch die spannungsgeladene, technisch perfekte, stringente Interpretation durch den jungen italienischen Pianisten Alessandro Taverna. Bewundernswert, welche Leichtigkeit Tavernas Anschlag in den subtil wirkenden, “kindischen” Passagen verströmte.

Das schwer nordische Finale mit Jean Sibelius’ Zweiter Symphonie machte nochmals die vornehme Meisterschaft von Dirigent Lorin Maazel am Pult der Münchner Philharmoniker deutlich. Selten erklang das populäre Opus 43 in letzter Zeit so gewichtig, authentisch und jedes Thema auskostend. (28.02.2014 WIENER ZEITUNG)

Share:

Leave a Reply